alfaviews Kartellbeschwerde bei der EU-Kommission gegen Microsoft 

alfaview hat am 17.12.2021 informell Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht, um die aus unserer Sicht wettbewerbswidrige Kopplung von Microsoft Teams an die Office 365-Suite überprüfen zu lassen. Am 20.07.2023 folgte der offizielle Schritt in Form einer erweiterten Beschwerde bei der EU-Kommission gegen Microsoft, um als formaler Beschwerdeführer eng am Verfahren beteiligt zu bleiben. Im Rahmen des am 27.07.2023 formal eröffneten Verfahrens muss die Kommission nun prüfen, ob die Integration des Konferenzdienstes Teams in die Office 365-Suite von Microsoft einen Kartellrechtsverstoß im Sinne einer missbräuchlichen Kopplung darstellt. Am 25.06.2024 übermittelte die Europäische Kommission an Microsoft eine Mitteilung der Beschwerdepunkte wegen möglicherweise missbräuchlicher Kopplungspraktiken bei Teams.

Der Grund unserer Beschwerde: Kopplung von MS Teams an Office 365

Seit 2017, dem Jahr nach der Veröffentlichung von alfaview, ist der Konferenzdienst Teams in sämtlichen Office 365-Angeboten von Microsoft enthalten. Mit der Integration von Teams in die auf dem B2B-Markt omnipräsente Office-Suite wird aus unserer Sicht jeglicher Wettbewerb im Bereich der Videokonferenz- und Kollaborationsprogramme ausgehebelt. Innovative und leistungsfähige Produkte können nicht mehr am Markt konkurrieren, weil Microsoft im Bereich der PC-Betriebssysteme sowie Office-Anwendungen eine marktbeherrschende Stellung einnimmt.
Grundsätzlich steht es Unternehmen im Rahmen ihrer Vertriebshoheit frei, Produkte miteinander zu koppeln. Diese Freiheit schränkt das Kartellrecht bei marktbeherrschenden Anbietern aber ein, wenn die Kopplung den Wettbewerb auf dem Markt für das gekoppelte Produkt einschränkt. Für Microsoft Teams ergibt sich durch die Bündelung ein multipolarer Vertriebsvorteil und ein Vertriebsvorsprung, da der Dienst quasi über Nacht dieselbe Reichweite erlangt hat, wie Office – ein Vorteil, den Wettbewerber mit Mitteln des Leistungswettbewerbs nicht aufholen können.
Am Markt zeigt sich, dass Unternehmen nicht mehr bereit sind, Budgets für Videokonferenzprogramme bereitzustellen, weil Teams in den gebuchten Office-Paketen bereits vermeintlich kostenfrei enthalten ist. Aber Fakt ist: Jene Unternehmen, Schulen und öffentlichen Einrichtungen, die die 365-Suite gebucht haben, müssen für die hohen Serverkosten von Teams bezahlen – auch wenn sie das Programm möglicherweise gar nicht nutzen wollen oder dürfen. Videokonferenzdienste erzeugen laufend nutzer-/lastabhängige Serverkosten. Aus unserer Sicht ist es wettbewerbswidrig, die hohen Kosten, die das Produkt Teams erzeugt, auf jene Nutzer:innen der 365-Suite abzuwälzen, die das Konferenztool Teams gar nicht nutzen wollen.

Unsere Forderungen 

Entkopplung

Mit der Integration von Teams in die Office 365-Suite wird jeglicher Wettbewerb im Bereich der Videokonferenz- und Kollaborationsprogramme ausgehebelt. Andere innovative und leistungsfähige Produkte können sich daher nur schwer nachhaltig am Markt platzieren. Deshalb muss Teams von der Office 365-Suite entkoppelt werden.

Kostentransparenz

Das Produkt Teams muss transparent entlang der realen Kosten bepreist werden. Eine Querfinanzierung über andere Produkte (in diesem Fall aus der MS-Produktpalette) ist nach den Wettbewerbsregeln der Europäischen Union wettbewerbswidrig.

Interoperabilität

Für einen fairen Wettbewerb ist es notwendig, dass alle Mitbewerber auf dem Markt dieselben technischen Möglichkeiten erhalten, um ihre Dienste mit Office interoperabel zu gestalten. Auch bei einer Weiterentwicklung von Microsoft Teams müssen Marktteilnehmer wie alfaview dieselben Chancen als Kollaborationsanbieter haben, um von Office-Usern genutzt werden zu können.

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Für alle Office 365 Produktkonfigurationen und alle Geschäftsbereiche müssten gleichwertige Buchungsmöglichkeiten mit und ohne Teams angeboten und beworben werden. Durch die automatische Bereitstellung von Teams innerhalb der Office-Pakete ergeben sich Nachteile für Marktbegleiter wie alfaview, da wir Marketing- und Vertriebsaufwendungen haben, um unsere Software am Markt zu etablieren. Im Gegensatz dazu kann Microsoft ihr Produkt ihren bestehenden Kund:innen zur Verfügung stellen, ohne Marketing- und Vertriebskosten aufwenden zu müssen.

Gespräche mit Microsoft

Vor dem Hintergrund der Kartellbeschwerde gegen Microsoft bei der EU-Kommission fanden am 17.08.2023 auf Wunsch von Microsoft bilaterale Gespräche statt. Gerne haben wir die Einladung zu einem gemeinsamen Gespräch angenommen, nachdem die EU-Kommission das formale Verfahren eröffnet hat. Wir haben mit dem Management von Microsoft über die Inhalte der Beschwerde gesprochen und unsere Bedenken dargelegt.
Microsoft hat ihre strategischen Überlegungen zur Integration von Teams in Office 365 erläutert und die Integration mit der Weiterentwicklung von Skype zu Teams begründet. Um unsere Bedenken noch detaillierter zu beleuchten und mögliche Lösungen zu finden, haben wir uns darauf verständigt, in weiteren Videocalls oder persönlichen Meetings die Fragestellung zu vertiefen.
Nach mehreren Gesprächsrunden, sowohl über Videocall als auch bei einem persönlichen Treffen am Hauptsitz von alfaview in Karlsruhe, hat sich herausgestellt, dass Microsoft kein ernsthaftes Interesse daran zeigt, Teams vollständig aus der 365-Suite zu entkoppeln und das Produkt zu einem Preis anzubieten, der die tatsächlichen Kosten widerspiegelt. Eine solche Maßnahme wäre notwendig, um einen demokratischen und fairen Wettbewerb auf dem Europäischen Markt zu ermöglichen. Daher beendete alfaview am 01. März 2024 offiziell die Gespräche mit Microsoft.
„Auf politischer Ebene muss unbedingt verhindert werden, dass Monopole von US-Unternehmen in Europa weiter verfestigt und auf neue Märkte ausgedehnt werden – denn wir brauchen innovative und leistungsfähige Unternehmen, die die digitale Souveränität Europas vorantreiben. Europa wird von den Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley dauerhaft abgehängt, wenn nicht konsequent gegen wettbewerbswidrige Praktiken von US-Konzernen in Europa vorgegangen wird."
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Prof. Dr. Thomas Höppner
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Hausfeld Rechtsanwälte LLP
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